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Ohne Kartoffel geht gar nichts im Roman „Die lange Erde": Die Knollen dienen den mysteriösen „Wechslern“ als Energiequelle, Bildquelle: Nandan | Pixahive

Neustart im Paralleluniversum

Ein Beitrag von Alexandra Mankarios

Ein Kasten, Draht, einige einfache Elektronikbauteile, ein Schalter und eine Kartoffel – mehr braucht es im Roman „Die lange Erde“ von Terry Pratchett und Stephen Baxter nicht, um eine turbulente Geschichte in Gang zu setzen, die das Leben auf der Erde völlig auf den Kopf stellt. Und neue Perspektiven eröffnet.

Eines Tages erscheint im Internet eine Bauanleitung für einen mysteriösen „Wechsler“. Jugendliche auf der ganzen Welt basteln das Gerät zusammen, ohne recht zu wissen, wozu es dient – und betätigen den Schalter. Später wird das Datum als „Wechseltag“ in die Geschichte eingehen, so gewaltig sind die Ereignisse, die mit der Bauanleitung ihren Ursprung nehmen. Der Wechsler erlaubt es nämlich, auf eine parallele Erde zu springen, und von dort, wenn gewünscht, zur nächsten und übernächsten und immer weiter.

Am Wechseltag offenbart sich also, dass unsere Erde nur eine in einer endlosen Kette von Paralleluniversen ist. Nur bei uns allerdings haben sich Menschen entwickelt. Und die haben nun allerlei Ideen, wie sie die Wechsler und die vielen unbewohnten Erden zu ihrem Vorteil nutzen können. Goldgräber schürfen auf benachbarten Erden dort, wo auf unserer Erde einst Gold zu finden war. Terroristen planen Attentate, indem sie von der Nachbarerde aus an Orte springen, an denen Politiker öffentlich auftreten. Eine Siedlerbewegung entsteht: Gruppen von Menschen, die sich einige tausend Erden entfernt ein neues Leben aufbauen.

Mich fasziniert an der Geschichte, dass sie Raum gibt, um neue Lösungen zu ersinnen. Wie würden wir Schulen in den Siedlergemeinden entwickeln, wo keine baulichen Beschränkungen, Gesetze, Infrastruktur und straffen Lehrpläne Grenzen setzen? Was würden wir Kindern und Jugendlichen beibringen, wenn nicht bestimmte Schulabschlüsse der Schlüssel für ein erfolgreiches Leben wären – sondern vor allem das kreative Mitgestalten einer Welt, die keine Vergangenheit, sondern nur eine Zukunft besitzt? Was würden wir digital umsetzen, wenn die Ressourcen für analogen und digitalen Unterricht gleichermaßen neu erschlossen werden müssten?

Ich habe ernste Zweifel, dass die Wechsler-Technologie je Realität wird und wir in Parallelwelten aufbrechen. Deshalb muss Schulentwicklung auch weiterhin viele Gegebenheiten berücksichtigen, die fantastischen Lösungen entgegenstehen. Trotzdem wünsche ich mir, dass wir unsere Fantasie mehr zu Hilfe nehmen, um neue, große Visionen von Schule zu entwickeln. Denn ohne große Ziele können wir nur sehr kleine Schritte machen.