Wer traut sich an Utopien heran?
Ein Beitrag von Mareike McKim
2016 hatte ich die Gelegenheit, in einem TEDx-Talk in Heidelberg über Bildung der Zukunft zu sprechen. Kurz bezog ich mich auf Darstellungen von Bildung in Filmen. Schulen mit Tafel und Hierarchie, Lehrertypen, die als langweilig, streng, gemein, völlig chaotisch oder überengagiert dargestellt werden. Sogar in magischen Welten wie der von “Harry Potter” war Schule doch irgendwie so wie schon vor hundert Jahren.
Heute schaue ich gezielt auf das Science-Fiction-Genre, bekannt für Visionen zukünftiger Welten. Auch zukünftiger Bildung?
Was ich erwarte: Gar keine Schule. Stattdessen technologiegestütztes Selbstlernen, Lernen durch Aventüre, vielleicht einen Transfer von Wissen durch Technologieimplantate oder “Downloads” in den menschlichen Körper, der mehr und mehr selbst computerisiert ist.
In Lois Lowrys Jugendroman “The Giver” überträgt ein Mentor Gefühle und Erinnerungen der Menschheit auf die Hauptfigur Jonas – der fortan als lebendes Speichermedium die mentale Last der Gemeinde trägt. Ein Bild vom funktionalen Lernen in einer Dystopie, in der Individualität verschwinden soll. Die Aussicht auf Bildung: totalitär, kriegstreiberisch, separierend, invasiv, indoktrinierend. In Schule lieben wir Dystopien. Das liegt auch daran, dass uns kritisches Denken und Warnen faszinieren.
Doch wer traut sich an Utopien heran? An Inspirationen dazu, wie es besser sein könnte? Neue Technologie, die stützt und Lebensweltbezug, Relevanz, Problemlösungsstrategien bietet. Und eine*n Mentor*in, der*die die Hauptfigur begleitet und eine echte Beziehung zum Schützling hat. Auch das findet sich in Science-Fiction.
Was uns in Science-Fiction immer begegnet: Weltprobleme der Zukunft, die auch heute schon angelegt sind: Dürre, Hunger, soziale Ungerechtigkeit, Energiekrisen. Ebenso sehen wir erstrebenswerte Visionen von nachhaltigen Städten, Innovationen und Schutz des Planeten. Science-Fiction zeigt uns, dass die Welt sich verändert und dass wir daran beteiligt sind. Dass wir imaginieren können, erfinden und erschaffen. Das Genre erinnert uns daran, dass wir Lernende auf eine Welt vorbereiten, die wir noch nicht kennen, aber positiv mitgestalten möchten. Es zeigt uns, was die Erwachsenen von morgen benötigen: Kreativität und Erfindungsgeist, Technologie, Empathie und Courage.