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Science-Fiction stärkt unsere utopische Vorstellungskraft - und erweitert somit den Spielraum möglicher Ziele, Bildquelle: Armand Khoury | Unsplash

Was Schule aus Science-Fiction lernen kann

Ein Beitrag von Philipp Dragic

"Der Erwerb von Reichtum ist nicht mehr die treibende Kraft in unserem Leben. Wir arbeiten, um uns selbst zu verbessern - und den Rest der Menschheit." Dies antwortet Captain Jean-Luc Picard im Star-Trek-Film Der erste Kontakt einer erstaunten Besucherin aus der Vergangenheit, die es unfreiwillig auf sein Raumschiff, die U.S.S. Enterprise verschlagen hat.

Jean-Luc Picard und seine Crew stammen von der Erde des 24. Jahrhunderts. Zu diesem Zeitpunkt arbeitet die Menschheit überwiegend nur noch für die Wissenschaft und die Kunst, da fast alle übrigen Aufgaben durch die Konstruktion hochentwickelter Maschinen nicht mehr von Menschenhand ausgeführt werden müssen. Ressourcenknappheiten und Armut existieren nicht mehr. Die menschliche Gesellschaft des 24. Jahrhunderts hat in Star Trek einen Entwicklungsstand erreicht, in dem keine Diskriminierung, kein Rassismus, keine Gewalt und auch kein Geld mehr existieren.

Was kann Schule nun daraus lernen? Ich werde im Folgenden ausführen, dass wir als Schule auf einer übergeordneten Ebene aus dem Denken von Science-Fiction lernen können, was sowohl die Vermittlung von Fähigkeiten an unsere Schülerinnen und Schüler, das Prinzip von Unterrichtsplanung an sich, aber auch Schulentwicklung selbst positiv prägen kann.

Zur Idee utopischer Zielsetzungsprozesse

Die Idee einer utopisch idealisierten Gesellschaft finden wir bereits viel früher, unter anderem bei Immanuel Kant, wenn dieser schreibt:

„Der Charakter der [Menschen-]Gattung, so wie er aus der Erfahrung aller Zeiten und unter allen Völkern kunbar wird, ist dieser: Daß sie, kollektiv (als ein Ganzes des Menschengeschlechts) genommen […] zu einer, beständig mit Entzweiung bedrohten, aber allgemein fortschreitenden Koalition in eine weltbürgerliche Gesellschaft (cosmopolitismus) sich von der Natur bestimmt fühlen […] .“ (Kant, Immanuel: „Schriften zur Anthropologie, Geschichtsphilosophie, Politik und Pädagogik 2“, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1977,  S. 687)

Die Vorstellung einer idealisierten Gesellschaft der Zukunft faszinierte also offenbar auch schon lange vor unserer Zeit. Indem Science-Fiction nun eine solche utopische Gesellschaft differenziert illustriert, wie es in Star Trek geschieht, kann sie uns diese Gesellschaft in Ausschnitten erleben lassen. (Es sollte hier erwähnt werden, dass dies vor allem auf die Star-Trek-Serien und -Filme zutrifft, die bis 2005 entstanden sind. Alles Nachfolgende im Star-Trek-Franchise fällt bislang qualitativ derart stark ab, dass sich aus schulischer Perspektive wenig daraus gewinnen lässt.) Diese Erlebnisse können uns so stark faszinieren, dass sie uns motivieren, an der Realisierung einer solchen Gesellschaft zu arbeiten. Dies gilt auch für die Realisierung allgemein wissenschaftlicher Entwicklungen. So war es beispielsweise die Star-Trek-Serie The next Generation, in der erstmals die heute allgegenwärtige Touchpad-Technologie zu sehen war, bevor sie dann tatsächlich erfunden wurde.

Ich behaupte nun Folgendes: Science-Fiction kann uns lehren unsere utopische Vorstellungskraft zu erweitern, um uns auf dieser Grundlage selbst utopische Zielsetzungen geben zu können. Dabei kann sich einerseits unser utopisches Vorstellungsvermögen durch konkrete Beispiele aus den Science-Fiction-Universen erweitern, wie das beispielsweise in der Begegnung mit der Gesellschaft in Star Trek der Fall ist. Andererseits können wir anhand des Prinzips von Science-Fiction lernen, selbst utopische Vorstellungen zu entwickeln, um uns deren Realisierung anschließend als Ziel zu setzen. Letzterem werde ich mich im Nachfolgenden genauer widmen. (Ebenso ist es möglich, aus dystopischen Vorstellungen zu lernen. Diesen Ansatz finden wir bereits bei Hans Jonas, wenn dieser im Zuge seiner „Heuristik der Furcht“ vorschlägt, dass einer möglichen technologischen Entwicklung die Vorstellung vorausgehen solle, was im schlimmsten Fall aus dieser Entwicklung für uns resultieren kann, um auf dieser Grundlage über die Fortführung der Forschung zu entscheiden. (Vgl. Jonas, Hans: „Das Prinzip Verantwortung“, Frankfurt am Main: Insel Verlag 1979,  S. 63-64))

Dafür müssen wir zunächst fragen, was eine utopische Zielsetzung von unseren gewöhnlichen, nicht-utopischen Zielsetzungen unterscheidet. Der entscheidende Unterschied scheint hierbei darin zu bestehen, dass die aktuellen Gegebenheiten, unter denen ich ein Ziel erfolgreich erreiche, im Zielsetzungsprozess eine unterschiedliche Rolle spielen. (Natürlich ließe sich „utopisch“ grundsätzlich als „nicht erreichbar“ definieren. In diesem Falle machte es natürlich nur bedingt Sinn, von der Realisierbarkeit einer utopischen Zielsetzung auszugehen, weil diese dann per Definition nicht realisierbar wäre. Ich glaube aber, dass das nachfolgende Verständnis auch unserem alltäglichen Verständnis von „utopisch“ eher gerecht wird.) Während eines gewöhnlichen, nicht-utopischen Zielsetzungsprozesses wähle ich meine Handlungsziele im Idealfall so, dass sie unter den aktuellen Gegebenheiten möglichst unkompliziert realisierbar sind. Möchte ich beispielsweise eine Reise planen, frage ich mich zunächst unter anderem, welche Zeit und welche finanziellen Mittel mir zur Verfügung stehen, um von diesen Überlegungen ausgehend zu entscheiden, was ich Rahmen dieser Möglichkeiten planen werde.

In einem utopischen Zielsetzungsprozess dagegen sind die aktuellen Gegebenheiten zunächst irrelevant. Ich frage mich im Falle der zu planenden Reise nur, welche Reisedauer und welches Reiseziel mir am ehesten zusagen würde und erzeuge auf diese Weise eine utopische Idealvorstellung. Und erst jetzt, nachdem ich meine utopische Idealvorstellung erschaffen habe, überlege ich, welche Gegebenheiten notwendig wären, um diese Idealvorstellung realisieren zu können. Dabei werde ich sehr wahrscheinlich feststellen, dass die für die Realisierung dieser Idealvorstellung notwendigen Gegebenheiten nicht mit den aktuellen Gegebenheiten übereinstimmen. Wahrscheinlich sehe ich mich im Falle der Reise mit Kosten konfrontiert, die ich eigentlich nicht tragen kann oder will. Wahrscheinlich erfordert die Realisierung meiner utopischen Idealvorstellung auch eine Investition von Zeit, die ich eigentlich nicht zur Verfügung habe. Will ich meine utopische Idealvorstellung aber dennoch realisieren, kann ich nun einen Plan auszuarbeiten versuchen, der die aktuellen Gegebenheiten so anpasst, dass sie die Realisierung meiner utopischen Zielsetzung ermöglichen.

Beispielsweise könnte ich im Falle meiner Reise längerfristig Geld sparen, mir länger Urlaub nehmen oder aber vielleicht sogar eine Möglichkeit finden, auch von einem entfernten Ort aus arbeiten zu können. Existiert ein solcher Plan, werde ich nochmals darüber nachdenken, ob das Erreichen meiner Zielsetzung tatsächlich den Aufwand wert ist. Hierbei ist es sehr gut möglich, dass ich zu dem Ergebnis gelange, dass das nicht der Fall ist, sodass ich zu einer nicht-utopischen Zielsetzung zurückkehre. Auch in diesem Fall bin ich mir aber durch den Prozess bewusst geworden, was meine eigentlichen Idealvorstellungen beinhalten.

Den Unterschied zwischen utopischer und nicht-utopischer Zielsetzung können wir also fassen wie folgt:

  • nicht-utopische Zielsetzung: Ich plane z zu tun unter der Berücksichtigung der aktuellen Gegebenheiten x. x wird dabei grundsätzlich als unveränderbar gedacht. Deshalb muss x die Realisierung von z zulassen können.
  • utopische Zielsetzung: Ich plane z zu tun ohne die aktuellen Gegebenheiten x zu berücksichtigen. Im Anschluss überlege ich, welches x´ notwendig zur Realisierung von z ist. Auf dieser Grundlage plane ich, wie ich x zu x´ transformieren kann. x wird dabei grundsätzlich als veränderbar gedacht. Deshalb muss x die Realisierung von z nicht notwendig zulassen.

Es sollte erwähnt werden, dass die beiden Zielsetzungsarten die Extrema eines Spektrums beschreiben, zwischen denen in der Praxis am Ende verschiedene Kompromisse entstehen können. Dies betrifft allerdings nur die Festlegung des finalen Ziels. Der Kompromiss zwischen utopischer und nicht-utopischer Zielsetzung ist zwar vielleicht auch vor der Setzung des finalen Ziels möglich. Er ist aber nicht sinnvoll. Denn entweder beabsichtige ich tatsächlich ein Maximum an Effizienz. Dann sollte ich die vorhandenen Ressourcen nicht aus den Augen verlieren. Oder aber ich bin auch langfristig auf der Suche nach einem möglichst hochwertigen Ziel. Um die Chancen ideal zu gestalten, ein möglichst hochwertiges Ziel ausfindig machen zu können, sollte ich aber einen möglichst guten Einblick in die Menge aller hochwertigen Ziele besitzen. Den erhalte ich aber vor allem dann, wenn mein Blick auf das Spektrum der Möglichkeiten nicht begrenzt wird durch die Grenzen dessen, was ich aktuell für die gegebenen Ressourcen halte.

Angemerkt werden sollte auch, dass die Differenzierung der beiden Zielsetzungsarten nur dort sinnvoll ist, wo wir im Zuge unserer Zielsetzungen mit Ressourcenknappheiten (im weitesten Sinne) konfrontiert sind. Wenn ich im Falle der zu planenden Reise ohnehin über umfassende finanzielle Mittel und unbegrenzte Zeit verfüge, besteht nicht das Problem, dass die Gegebenheiten x das Spektrum meiner Zielsetzungsoptionen begrenzen. Ich werde mich in der Planung der Reise dann vermutlich automatisch nicht mit den aktuellen Gegebenheiten beschäftigen. Meine Zielsetzungsergebnisse werden in diesem Fall die eines utopischen Zielsetzungsprozesses sein. Natürlich macht es aber dann keinen Sinn mehr, den Zielsetzungsprozess als utopischen Zielsetzungsprozess zu bezeichnen.

Utopische Zielsetzungsprozesse in der Schule

Utopische Zielsetzungsprozesse können in der Schule an unterschiedlicher Stelle zum Tragen kommen. Dabei können sowohl Unterrichtsinhalte, Unterrichtsplanung als auch Schulentwicklung von utopischen Zielsetzungen profitieren. (Da auch die Vermittlung von Fähigkeiten Inhalt von Unterricht sein kann, umfasst der Inhaltsbegriff an dieser Stelle sowohl die Behandlung spezifischer Themen als auch die Vermittlung von Fähigkeiten. Unterrichtsinhalt meint hier deshalb alles, was ein Unterricht an Unterrichtszielen absichtlich enthält.)

Zwei Beispiele

Beispiel 1: Als Lehrerin oder Lehrer bin ich begeistert von einem Unterrichtsinhalt, den ich meinen SchülerInnen gerne näherbringen würde. Die Behandlung dieses Inhalts ist allerdings sehr voraussetzungsreich und anspruchsvoll. Ich gehe deshalb davon aus, dass ich meine SchülerInnen mit der Behandlung des Inhalts zunächst überfordern würde und dass diese wahrscheinlich deshalb den Inhalt nicht interessant finden werden (x).

Von diesem Punkt aus kann ich nun einfach annehmen, dass diese Gegebenheiten unveränderbar sind, weshalb ich meinen Unterricht so plane, dass meine Unterrichtsziele (z) mit Sicherheit von den Gegebenheiten zugelassen werden. Ich verwerfe also die Idee, meinen anfangs präferierten Inhalt zu behandeln. In diesem Fall handelt es sich um eine nicht-utopische Zielsetzung meines Unterrichts.

Stattdessen kann ich aber auch zunächst einmal annehmen, dass es möglich ist, meine eigentlich präferierten Unterrichtsziele so zu setzen (z), dass meine SchülerInnen durch die Behandlung des Inhalts nicht überfordert werden und diesen deshalb interessant finden können. Unter dieser Annahme überlege ich nun, welche Gegebenheiten (x´) denn notwendig wären, um den von mir gewünschten Inhalt zu behandeln. Daraus resultierend kann ich im Anschluss überlegen, wie und ob sich die aktuellen Gegebenheiten so anpassen lassen, dass schließlich x´ statt x gegeben ist. Vielleicht setzt die Behandlung des Inhalts bestimmte Vorkenntnisse oder Fähigkeiten voraus, die sich aber klar benennen und deshalb in meinem Unterricht systematisch etablieren ließen. Vielleicht stelle ich aber auch fest, dass mich nur der Umstand verunsichert, von einer Behandlung des Inhalts im Unterricht noch nie gehört zu haben, weil dieser Inhalt im Unterricht unüblich ist. Dies liegt aber vielleicht einfach daran, dass sich in meinem Umfeld noch nie jemand an dieser Zielsetzung versucht hat.

Beispiel 2: Nicht nur wir als Lehrerinnen und Lehrer können vom Konzept der utopischen Zielsetzung profitieren. Vor einem Jahr führten wir in der E-Phase meiner Schule zwei Wochen zur Berufsorientierung durch, die das bedingt durch Corona entfallene Berufspraktikum kompensieren sollten. Zur Vorbereitung der beiden Wochen hatten die SchülerInnen zu Hause den „Check-U“-Selbstevaluationstest der Bundesagentur für Arbeit durchzuführen, der eigene Fähigkeiten (x) evaluiert und auf dieser Grundlage konkrete Berufsvorschläge (z) macht.

Mit diesen Testergebnissen kann nun in unterschiedlicher Weise umgegangen werden. Ich kann als Lehrerin oder Lehrer im Sinne einer weiterführenden Recherche direkt die Aufgabe stellen, dass die SchülerInnen Hintergrundbedingungen (also Studien/Ausbildungsvoraussetzungen, Gehalt etc.) recherchieren sollen. Gehen wir im Unterricht auf diese Weise vor und angenommen dies wäre die einzige Recherche, die wir zu den Ergebnissen des Tests durchführen lassen, verfolgt unser Unterricht eine nicht-utopische Zielsetzung. Denn indem wir die Aufgabe stellen, die Hintergrundbedingungen der durch den Check-U-Test evaluierten Berufsvorschläge zu recherchieren, legt die Aufgabenstellung den Schülerinnen und Schülern nur Berufswünsche nahe, die von den gegebenen Voraussetzungen zugelassen werden.

Alternativ könnten wir im Zuge einer utopischen Zielsetzung die Testergebnisse auch zunächst einmal beiseitelegen. Die SchülerInnen könnten sich Zeit nehmen und darüber nachdenken, was ihre Traumberufe sind. Haben Sie diesbezüglich für sich eine Vorstellung entwickelt, können die SchülerInnen recherchieren, welche Voraussetzungen (x´) das Ergreifen ihres Traumberufs mit sich bringt. Haben sie diese für sich herausgefunden, können sie nun die Ergebnisse des Check-u-Tests verwenden, um herauszufinden, ob und falls ja, inwiefern x von x´ abweicht. Dies ist Voraussetzung dafür, um gegebenenfalls einen Plan entwerfen zu können, der x zu x´ anpasst. (In der Praxis haben wir uns damals dafür entschieden, die SchülerInnen sowohl zuerst die Hintergrundbedingungen ihrer Traumberufe, als im Anschluss auch die eines von Check-U vorgeschlagenen Berufes zu recherchieren. Deutlich wurde daran unter anderem, dass es Fähigkeitsbereiche gibt, die der Check-U-Test nicht testet, so zum Beispiel Bereiche des argumentativen und/oder kreativen Schreibens, sodass bestimmte Berufe durch den Test überhaupt nicht vorgeschlagen werden können. Utopische Zielsetzungsprozesse können unter idealen Bedingungen also auch noch einmal die Evaluation kritisch prüfen, mit der wir zu der Annahme gelangt sind, das x gilt.)

An dieser Stelle ließe sich jetzt eine längere Anmerkung zum Thema Schulentwicklung schreiben, worauf ich aufgrund des dafür notwendigen Umfangs verzichte. Es sollte aber angemerkt werden, dass utopische Zielsetzungsprozesse in der Schulentwicklung besonders wertvoll sein können. Dies liegt daran, dass die Ressourcenknappheiten hier besonders restriktiv zu sein scheinen, weil die Gestaltung von Schule (verglichen beispielsweise mit einem Betrieb in der Wirtschaft) besonders vielen Vorgaben unterliegt. Die aktuellen Gegebenheiten (x) stellen sich dadurch als besonders zwingend dar. Werden diese Gegebenheiten von der Schulgemeinschaft als vollständig unumgänglich akzeptiert, endet jegliche Weiterentwicklung, wenn sich diese nicht durch äußere Zufälle und Zwänge ergibt. Es ist hier umso wichtiger, dass das Nachdenken über die utopisch idealen Bedingungen von Schule nicht endet. Denn erst durch ein Bewusstsein für die idealen Bedingungen von Schule können die dafür benötigten Ressourcen immer wieder gefordert werden, während sich hin und wieder vielleicht doch Wege auftun, unserer Idealvorstellung von Schule ein kleines Stück näher zu kommen.

Fazit

Was also ist der Sinn utopischer Zielsetzungsprozesse? Utopische Zielsetzungsprozesse dienen der Spektrumserweiterung unserer Zielsetzungsoptionen in durch Ressourcenknappheiten beschränkten Handlungsplanungen.

Wie wir hierbei gesehen haben, bedeutet das Durchlaufen eines utopischen Zielsetzungsprozesses nicht das Ignorieren der Realität. Es bedeutet lediglich, dass die gegeben Voraussetzungen als veränderbar gedacht und zur Gewinnung eines Idealziels vorübergehend ausgeblendet werden. Ob dieses Idealziel dann tatsächlich erreicht werden kann, muss im Anschluss überprüft werden. Erst indem ich aber einen utopischen Zielsetzungsprozess durchlaufe, kann ich mir selbst Rechenschaft darüber ablegen, was meine eigenen Idealvorstellungen sind, da diese innerhalb eines nicht-utopischen Zielsetzungsprozesses gar nicht erst zu Tage träten.

Meine Idealvorstellungen als reale Möglichkeit zu denken ist eine der notwendigen Voraussetzungen für deren Realisierung, wenn sie sich nicht bloß zufällig realisieren sollen. Oder um es mit den Worten des amerikanischen Philosophen William James zu sagen: „There are, then, cases where a fact cannot come at all unless a preliminary faith exists in its coming.“ (James, William: „The Will to Believe“, in: A. J. Burger (Hrsg.): The Ethics of Belief, Kalifornien: Createspace Independent Publishing Platform 2008, S. 64)

Utopische Zielsetzungsprozesse haben außerdem das Potenzial, noch einmal die Evaluationsverfahren zu überprüfen, mit denen die Gegebenheiten x bestimmt wurden. Vielleicht stellen wir fest, dass wir x voraussetzten, ohne aber in dieser Voraussetzung tatsächlich gerechtfertigt gewesen zu sein.

Abschließend kann Schule also aus Science-Fiction lernen, indem LehrerInnen und SchülerInnen durch Science-Fiction ihre Fähigkeit utopischer Vorstellungskraft erweitern und diese nutzen, um sich selbst utopische Zielsetzungen geben zu können. Denn je ausgeprägter die utopische Vorstellungskraft ist, desto stärker können SchülerInnen und LehrerInnen das Spektrum ihrer Zielsetzungsoptionen erweitern. Und auf diese Weise können wir vielleicht eines Tages tatsächlich sagen: "Der Erwerb von Reichtum ist nicht mehr die treibende Kraft in unserem Leben. Wir arbeiten um uns selbst zu verbessern - und den Rest der Menschheit."