Veröffentlicht am: 1. Oktober 2025

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Drei Fragen an…

Katrin Aydeniz, Schulpsychologin in Solingen

Foto: Katrin Aydeniz © Lichtschaft – Fotografiestudio, Essen Rüttenscheid

Um die psychische Gesundheit an Schulen zu stärken, hat Katrin Aydeniz in Solingen das Projekt DKidS entwickelt. Es soll die Gesprächskultur im Kollegium und damit die Beziehungen zwischen allen Schulbeteiligten verbessern. Tipp: Mehr Einblick gibt sie am 28. November im Vortrag „Gesunde Führung durch lebendige Dialoge“ auf dem Deutschen Schulleitungskongress in Düsseldorf.


Was zeichnet eine gesunde Führungskultur an Schulen aus?

Katrin Aydeniz: In den 2000er-Jahren kam der Begriff „psychologische Sicherheit“ auf. Damit ist gemeint, dass sich die Mitglieder eines Teams einander zugehörig fühlen und alles sagen können, dass sie sich gegenseitig anerkennen. Niemand hat Angst, abgewertet, bloßgestellt oder ausgeschlossen zu werden. Ich halte das für einen entscheidenden Faktor, um eine gesunde Führungskultur an Schulen zu erreichen. Man kann das auf vier Faktoren herunterbrechen: Anerkennung, Schutz, Integrität und Inklusion. Im Projekt DKidS arbeiten wir seit vier Jahren mit Schulen in Solingen zusammen, um die psychologische Sicherheit zu verbessern, indem an den Schulen eine lebendige Dialogkultur entsteht. DKidS steht wahlweise für „Die Klasse ist der Star“ oder „Das Kollegium ist der Star“. Echter Dialog findet an Schulen oft nicht statt. Schulen sind hierarchische Systeme, außerdem kommen kollektive Interessen und Bedürfnisse oft zu kurz, weil die Interessen Einzelner dagegen stehen. Zum Beispiel ist es schwierig, gemeinsame Zeitfenster zu finden, weil an Schulen viele Teilzeitkräfte arbeiten. Deshalb ist es erst einmal wichtig, dass Schulleitungen überhaupt Raum schaffen, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Bei DKidS haben wir deshalb sogenannte Kollegiumsgespräche entwickelt. Dabei wird das Kollegium nach dem Zufallsprinzip in Gruppen eingeteilt. Jeweils eine Gruppe kommt dann für eine halbe Stunde mit der Schulleitung ins Gespräch, das Thema ist immer: „Wie gehen wir miteinander um?“. Anschließend reflektieren wir die Themen, die dabei angesprochen wurden, mit den Schulleitungen. Dabei zeigt sich, dass die psychologische Sicherheit oft nicht sehr hoch ist und sich viele Lehrkräfte zum Beispiel nicht trauen, einander auch einmal zu bremsen oder zu etwas aufzufordern.

Wie wirkt sich eine gesunde Führungskultur an Schulen aus?

Die seelische Gesundheit und Zufriedenheit an Schulen sind nicht so hoch, wie sie sein sollten, das zeigt die hohe Zahl an Krankschreibungen. Gleichzeitig sehen wir in unserer Arbeit mit den Schulen, dass die Qualität der Gespräche im Kollegium oft gering ist: Es findet zwar ein oberflächlicher Austausch statt, aber kaum tiefere Dialoge. Für komplexe Probleme gibt es dadurch oft keine befriedigende Lösung. Wenn es gelingt, durch die Kollegiumsgespräche solche Probleme zu sehen und in den Dialog darüber zu kommen, ist schon viel gewonnen: Die Krankschreibungen gehen zurück, es kommt mehr Lebendigkeit in den Schulalltag. Gleichzeitig überträgt es sich auf Gespräche in der Klasse, wenn die Lehrkräfte im Kollegium mehr Anerkennung und Offenheit erleben. Die Kinder nehmen stärker aufeinander Bezug und hören besser zu. Sie übernehmen mehr Verantwortung, die Lehrkräfte geben weniger vor. Häufig wird es dann auch ruhiger in den Klassen. Wir verstärken das bei DKidS dadurch, dass die Kinder am Anfang des Schuljahres für zwei oder drei Wochen in die Natur gehen und lernen, in unstrukturierten Situationen als Gemeinschaft zu funktionieren. Zum Beispiel können danach alle mit allen gut zusammenarbeiten, anstatt immer nur mit ihren besten Freundinnen und Freunden Gruppen zu bilden.

Wie kann die Schulverwaltung dazu beitragen, dass Schulen die seelische Gesundheit der Lehrkräfte fördern?

Natürlich geht es nicht ohne zeitliche und personelle Ressourcen. Mir ist aber noch ein anderer Punkt wichtig: Vertrauen, dass die Schulen aus den vorhandenen Ressourcen das Beste machen. Manchmal gelingt trotzdem nicht alles. Dann ist es wichtig, dass die Schulverwaltung hinter den Schulen steht. In Solingen laufen unsere Angebote derzeit unter der Überschrift „mutige Schule“, weil viele Schulleitungen unsicher sind, ob sie sich die Zeit für solche Projekte nehmen können und ob sie das auch dem Kollegium zumuten können. Es wäre sehr erleichternd, wenn die Schulverwaltung klar signalisieren würde, dass sie das Thema für wichtig hält und die Schulen dabei unterstützt. Was genau die Schulen dann machen können, hängt auch von den Angeboten vor Ort ab. Da könnte sich die Schulverwaltung auch beteiligen und zum Beispiel mit der lokalen schulpsychologischen Stelle Angebote oder Projekte auf den Weg bringen.

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Drei Fragen an…

Katrin Aydeniz, Schulpsychologin in Solingen

Foto: Katrin Aydeniz © Lichtschaft – Fotografiestudio, Essen Rüttenscheid

Um die psychische Gesundheit an Schulen zu stärken, hat Katrin Aydeniz in Solingen das Projekt DKidS entwickelt. Es soll die Gesprächskultur im Kollegium und damit die Beziehungen zwischen allen Schulbeteiligten verbessern. Tipp: Mehr Einblick gibt sie am 28. November im Vortrag „Gesunde Führung durch lebendige Dialoge“ auf dem Deutschen Schulleitungskongress in Düsseldorf.


Was zeichnet eine gesunde Führungskultur an Schulen aus?

Katrin Aydeniz: In den 2000er-Jahren kam der Begriff „psychologische Sicherheit“ auf. Damit ist gemeint, dass sich die Mitglieder eines Teams einander zugehörig fühlen und alles sagen können, dass sie sich gegenseitig anerkennen. Niemand hat Angst, abgewertet, bloßgestellt oder ausgeschlossen zu werden. Ich halte das für einen entscheidenden Faktor, um eine gesunde Führungskultur an Schulen zu erreichen. Man kann das auf vier Faktoren herunterbrechen: Anerkennung, Schutz, Integrität und Inklusion. Im Projekt DKidS arbeiten wir seit vier Jahren mit Schulen in Solingen zusammen, um die psychologische Sicherheit zu verbessern, indem an den Schulen eine lebendige Dialogkultur entsteht. DKidS steht wahlweise für „Die Klasse ist der Star“ oder „Das Kollegium ist der Star“. Echter Dialog findet an Schulen oft nicht statt. Schulen sind hierarchische Systeme, außerdem kommen kollektive Interessen und Bedürfnisse oft zu kurz, weil die Interessen Einzelner dagegen stehen. Zum Beispiel ist es schwierig, gemeinsame Zeitfenster zu finden, weil an Schulen viele Teilzeitkräfte arbeiten. Deshalb ist es erst einmal wichtig, dass Schulleitungen überhaupt Raum schaffen, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Bei DKidS haben wir deshalb sogenannte Kollegiumsgespräche entwickelt. Dabei wird das Kollegium nach dem Zufallsprinzip in Gruppen eingeteilt. Jeweils eine Gruppe kommt dann für eine halbe Stunde mit der Schulleitung ins Gespräch, das Thema ist immer: „Wie gehen wir miteinander um?“. Anschließend reflektieren wir die Themen, die dabei angesprochen wurden, mit den Schulleitungen. Dabei zeigt sich, dass die psychologische Sicherheit oft nicht sehr hoch ist und sich viele Lehrkräfte zum Beispiel nicht trauen, einander auch einmal zu bremsen oder zu etwas aufzufordern.

Wie wirkt sich eine gesunde Führungskultur an Schulen aus?

Die seelische Gesundheit und Zufriedenheit an Schulen sind nicht so hoch, wie sie sein sollten, das zeigt die hohe Zahl an Krankschreibungen. Gleichzeitig sehen wir in unserer Arbeit mit den Schulen, dass die Qualität der Gespräche im Kollegium oft gering ist: Es findet zwar ein oberflächlicher Austausch statt, aber kaum tiefere Dialoge. Für komplexe Probleme gibt es dadurch oft keine befriedigende Lösung. Wenn es gelingt, durch die Kollegiumsgespräche solche Probleme zu sehen und in den Dialog darüber zu kommen, ist schon viel gewonnen: Die Krankschreibungen gehen zurück, es kommt mehr Lebendigkeit in den Schulalltag. Gleichzeitig überträgt es sich auf Gespräche in der Klasse, wenn die Lehrkräfte im Kollegium mehr Anerkennung und Offenheit erleben. Die Kinder nehmen stärker aufeinander Bezug und hören besser zu. Sie übernehmen mehr Verantwortung, die Lehrkräfte geben weniger vor. Häufig wird es dann auch ruhiger in den Klassen. Wir verstärken das bei DKidS dadurch, dass die Kinder am Anfang des Schuljahres für zwei oder drei Wochen in die Natur gehen und lernen, in unstrukturierten Situationen als Gemeinschaft zu funktionieren. Zum Beispiel können danach alle mit allen gut zusammenarbeiten, anstatt immer nur mit ihren besten Freundinnen und Freunden Gruppen zu bilden.

Wie kann die Schulverwaltung dazu beitragen, dass Schulen die seelische Gesundheit der Lehrkräfte fördern?

Natürlich geht es nicht ohne zeitliche und personelle Ressourcen. Mir ist aber noch ein anderer Punkt wichtig: Vertrauen, dass die Schulen aus den vorhandenen Ressourcen das Beste machen. Manchmal gelingt trotzdem nicht alles. Dann ist es wichtig, dass die Schulverwaltung hinter den Schulen steht. In Solingen laufen unsere Angebote derzeit unter der Überschrift „mutige Schule“, weil viele Schulleitungen unsicher sind, ob sie sich die Zeit für solche Projekte nehmen können und ob sie das auch dem Kollegium zumuten können. Es wäre sehr erleichternd, wenn die Schulverwaltung klar signalisieren würde, dass sie das Thema für wichtig hält und die Schulen dabei unterstützt. Was genau die Schulen dann machen können, hängt auch von den Angeboten vor Ort ab. Da könnte sich die Schulverwaltung auch beteiligen und zum Beispiel mit der lokalen schulpsychologischen Stelle Angebote oder Projekte auf den Weg bringen.

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