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„Man kann Informatik auch gut ohne Tablets unterrichten“

Foto: Henning Klaffke © privat

Ab dem Schuljahr 2025/26 ist Informatik in Hamburg Pflichtfach, jetzt läuft eine Pilotphase. Henning Klaffke, Professor für Angewandte Informatik an der Beruflichen Hochschule Hamburg, war an den Planungen für das neue Fach beteiligt. Hier berichtet er, wie Hamburg von anderen Bundesländern gelernt hat und warum er nicht besorgt ist, dass die digitale Entwicklung den neuen Bildungsplan bald überholt.


Informatik soll mit insgesamt vier Wochenstunden in der Mittelstufe unterrichtet werden, also zum Beispiel je zwei Stunden in Klasse acht und neun. Was lernen die Schülerinnen und Schüler in dieser kurzen Zeit?

Henning Klaffke: Das Pflichtfach Informatik soll den Schülerinnen und Schülern vor allem ein informatisches Verständnis nahebringen, zum Beispiel mit Inhalten wie Modellierung oder Informatiksysteme. All das soll anwendungsorientiert unterrichtet werden. Es geht explizit nicht um die Förderung digitaler Kompetenzen – dafür gibt es laut Bildungsplan Medienerziehung, die fächerübergreifend stattfinden soll. Zwei Jahre lang zwei Wochenstunden klingt nicht nach viel, aber wenn wir in dieser Zeit für das Fach begeistern, setzen wir auch Anreize, dass sich die Schülerinnen und Schüler außerhalb der Schule damit beschäftigen. Wir müssen uns davon trennen, Schule als einen Ort der Vermittlung zu sehen, sondern vielmehr als einen Ort der Kompetenzentwicklung.

Werden Modellierung und Informatiksysteme zukünftig zum Grundwissen gehören, dass viele Menschen im Leben brauchen?

Ich glaube schon. Algorithmen zum Beispiel spielen in der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler eine große Rolle. Social Media oder Shopping im Internet werden durch komplexe Empfehlungssysteme gesteuert. Es ist deshalb hilfreich zu wissen, wie komplexe Informatiksysteme funktionieren. Man muss nicht immer im Detail wissen, wie das funktioniert, aber ein Überblicks- und Zusammenhangswissen sollten in Zukunft alle besitzen.

Könnte man Algorithmen nicht auch im Mathematikunterricht unterbringen?

Ja und nein. Das Schöne an dem pilotierten Vorgang in Hamburg ist, dass die Umsetzung des Bildungsplans zunächst noch in Arbeitsgruppen mit den Lehrkräften, Elternräten, Schülerinnen und Schülern, der Behörde diskutiert wird. Wenn jetzt jemand vorschlägt, dass man Algorithmen oder zum Beispiel Automaten mit dem Mathematikunterricht verbindet, ist das durchaus möglich und gewollt. Ich halte die Pilotphase für einen guten Weg, weil sie ein hohes Maß an Partizipation erlaubt und die Schulen viel Gestaltungsfreiheit haben, um herauszufinden, was funktioniert und was nicht. In einem Jahr, am Ende der Pilotphase sollen dann Handreichungen für andere Schulen entstehen.

In anderen Bundesländern ist Informatik schon länger Pflichtfach. Sind deren Erfahrungen in Hamburg eingeflossen?

Hamburg hält sich an die Empfehlungen der Gesellschaft für Informatik (GI), genau wie die anderen Länder. Seit August 2022 ist zudem ein großes Forum entstanden, in dem wir in verschiedenen Arbeitsgruppen die Pilotphase vorbereitet haben. Dabei ging es zum Beispiel um die Qualifizierung der Lehrkräfte und die digitale Infrastruktur an den Schulen. Dafür sind auch fast alle Bundesländer befragt worden, in denen Informatik bereits Pflichtfach ist. Daraus haben wir dann Learnings für Hamburg abgeleitet und zum Beispiel an die Rahmenbedingungen in einem Stadtstaat angepasst. Konkret wurden Fragen diskutiert wie: Wer administriert die Endgeräte? Oder: Sind Computerräume noch sinnvoll?

Stichwort Endgeräte: Welche Ausstattung braucht es, um Informatik zu unterrichten?

Es gibt an den Schulen unterschiedliche Konzepte. Wer Tablets anschafft, muss sich darüber klar sein, dass sie schon nach fünf oder sechs Jahren veralten. Und natürlich müssen sie administriert werden. Einige Schulen können sich das leisten und haben Lehrkräfte oder anderes Personal, das sich um die Verwaltung der Geräte kümmert. Natürlich steht jetzt überall auch die Frage im Raum: Wird ein Digitalpakt 2.0 kommen? Übrigens: Man kann Informatik auch gut ohne Tablets unterrichten. Einplatinen-PCs wie Arduinos oder Raspberry Pis sind viel günstiger in der Anschaffung und leichter zu warten. Aber man kann damit sehr gut alles abbilden, was im Bildungsplan für das Pflichtfach Informatik vorgesehen ist.

Digitale Technologie entwickelt sich rasant weiter. Wie kann man sicherstellen, dass der Bildungsplan nicht in Kürze der Entwicklung hinterherhinkt?

Der Bildungsplan zielt eher darauf ab, dass die Schülerinnen und Schüler grundlegende Konzepte verstehen. Das heißt zum Beispiel, dass sie nicht nur eine bestimmte Programmiersprache lernen, die irgendwann wieder veraltet, sondern dass sie die Grundlagen und die Theorie von Programmierung verstehen. Diese grundlegenden Konzepte veralten nicht so schnell. Die Entwicklung von künstlicher Intelligenz, die etwa seit 2010 einen richtigen Schub bekommen hat, geht zurück in die 1970-er Jahre und basiert auf Technologien, die noch älter sind. Wir haben nur jetzt erst die Rechenkapazitäten und Daten, um diese Ideen umzusetzen.

Ein Jahr Erprobung, sechs Wochen Sommerferien, danach startet der Informatikunterricht flächendeckend an allen Hamburger Schulen. Reicht dieser Zeitplan, um alle Schulen auf die Aufgabe vorzubereiten?

Ich glaube, dass die Schulen gut vorbereitet sein werden. Sie wissen schon seit 2022, dass Informatik ab 2025 Pflichtfach wird, viele Lehrkräfte unterrichten seit Jahren Informatik als Wahlpflichtfach. Am Hamburger Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung läuft bereits ein umfassendes Qualifizierungs- und Weiterbildungsprogramm. Nach der Pilotphase werden alle Schulen Beispiele und Handreichungen zur Orientierung und Einführung bekommen. Trotzdem wird es bei der Umsetzung an der eigenen Schule noch viele Fragen und Fallstricke geben. Aber das muss man aushalten, so funktioniert Veränderung nun einmal. Ich bin überzeugt, dass die Schulen in Hamburg den Wandel gut bewältigen.

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„Man kann Informatik auch gut ohne Tablets unterrichten“

Foto: Henning Klaffke © privat

Ab dem Schuljahr 2025/26 ist Informatik in Hamburg Pflichtfach, jetzt läuft eine Pilotphase. Henning Klaffke, Professor für Angewandte Informatik an der Beruflichen Hochschule Hamburg, war an den Planungen für das neue Fach beteiligt. Hier berichtet er, wie Hamburg von anderen Bundesländern gelernt hat und warum er nicht besorgt ist, dass die digitale Entwicklung den neuen Bildungsplan bald überholt.


Informatik soll mit insgesamt vier Wochenstunden in der Mittelstufe unterrichtet werden, also zum Beispiel je zwei Stunden in Klasse acht und neun. Was lernen die Schülerinnen und Schüler in dieser kurzen Zeit?

Henning Klaffke: Das Pflichtfach Informatik soll den Schülerinnen und Schülern vor allem ein informatisches Verständnis nahebringen, zum Beispiel mit Inhalten wie Modellierung oder Informatiksysteme. All das soll anwendungsorientiert unterrichtet werden. Es geht explizit nicht um die Förderung digitaler Kompetenzen – dafür gibt es laut Bildungsplan Medienerziehung, die fächerübergreifend stattfinden soll. Zwei Jahre lang zwei Wochenstunden klingt nicht nach viel, aber wenn wir in dieser Zeit für das Fach begeistern, setzen wir auch Anreize, dass sich die Schülerinnen und Schüler außerhalb der Schule damit beschäftigen. Wir müssen uns davon trennen, Schule als einen Ort der Vermittlung zu sehen, sondern vielmehr als einen Ort der Kompetenzentwicklung.

Werden Modellierung und Informatiksysteme zukünftig zum Grundwissen gehören, dass viele Menschen im Leben brauchen?

Ich glaube schon. Algorithmen zum Beispiel spielen in der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler eine große Rolle. Social Media oder Shopping im Internet werden durch komplexe Empfehlungssysteme gesteuert. Es ist deshalb hilfreich zu wissen, wie komplexe Informatiksysteme funktionieren. Man muss nicht immer im Detail wissen, wie das funktioniert, aber ein Überblicks- und Zusammenhangswissen sollten in Zukunft alle besitzen.

Könnte man Algorithmen nicht auch im Mathematikunterricht unterbringen?

Ja und nein. Das Schöne an dem pilotierten Vorgang in Hamburg ist, dass die Umsetzung des Bildungsplans zunächst noch in Arbeitsgruppen mit den Lehrkräften, Elternräten, Schülerinnen und Schülern, der Behörde diskutiert wird. Wenn jetzt jemand vorschlägt, dass man Algorithmen oder zum Beispiel Automaten mit dem Mathematikunterricht verbindet, ist das durchaus möglich und gewollt. Ich halte die Pilotphase für einen guten Weg, weil sie ein hohes Maß an Partizipation erlaubt und die Schulen viel Gestaltungsfreiheit haben, um herauszufinden, was funktioniert und was nicht. In einem Jahr, am Ende der Pilotphase sollen dann Handreichungen für andere Schulen entstehen.

In anderen Bundesländern ist Informatik schon länger Pflichtfach. Sind deren Erfahrungen in Hamburg eingeflossen?

Hamburg hält sich an die Empfehlungen der Gesellschaft für Informatik (GI), genau wie die anderen Länder. Seit August 2022 ist zudem ein großes Forum entstanden, in dem wir in verschiedenen Arbeitsgruppen die Pilotphase vorbereitet haben. Dabei ging es zum Beispiel um die Qualifizierung der Lehrkräfte und die digitale Infrastruktur an den Schulen. Dafür sind auch fast alle Bundesländer befragt worden, in denen Informatik bereits Pflichtfach ist. Daraus haben wir dann Learnings für Hamburg abgeleitet und zum Beispiel an die Rahmenbedingungen in einem Stadtstaat angepasst. Konkret wurden Fragen diskutiert wie: Wer administriert die Endgeräte? Oder: Sind Computerräume noch sinnvoll?

Stichwort Endgeräte: Welche Ausstattung braucht es, um Informatik zu unterrichten?

Es gibt an den Schulen unterschiedliche Konzepte. Wer Tablets anschafft, muss sich darüber klar sein, dass sie schon nach fünf oder sechs Jahren veralten. Und natürlich müssen sie administriert werden. Einige Schulen können sich das leisten und haben Lehrkräfte oder anderes Personal, das sich um die Verwaltung der Geräte kümmert. Natürlich steht jetzt überall auch die Frage im Raum: Wird ein Digitalpakt 2.0 kommen? Übrigens: Man kann Informatik auch gut ohne Tablets unterrichten. Einplatinen-PCs wie Arduinos oder Raspberry Pis sind viel günstiger in der Anschaffung und leichter zu warten. Aber man kann damit sehr gut alles abbilden, was im Bildungsplan für das Pflichtfach Informatik vorgesehen ist.

Digitale Technologie entwickelt sich rasant weiter. Wie kann man sicherstellen, dass der Bildungsplan nicht in Kürze der Entwicklung hinterherhinkt?

Der Bildungsplan zielt eher darauf ab, dass die Schülerinnen und Schüler grundlegende Konzepte verstehen. Das heißt zum Beispiel, dass sie nicht nur eine bestimmte Programmiersprache lernen, die irgendwann wieder veraltet, sondern dass sie die Grundlagen und die Theorie von Programmierung verstehen. Diese grundlegenden Konzepte veralten nicht so schnell. Die Entwicklung von künstlicher Intelligenz, die etwa seit 2010 einen richtigen Schub bekommen hat, geht zurück in die 1970-er Jahre und basiert auf Technologien, die noch älter sind. Wir haben nur jetzt erst die Rechenkapazitäten und Daten, um diese Ideen umzusetzen.

Ein Jahr Erprobung, sechs Wochen Sommerferien, danach startet der Informatikunterricht flächendeckend an allen Hamburger Schulen. Reicht dieser Zeitplan, um alle Schulen auf die Aufgabe vorzubereiten?

Ich glaube, dass die Schulen gut vorbereitet sein werden. Sie wissen schon seit 2022, dass Informatik ab 2025 Pflichtfach wird, viele Lehrkräfte unterrichten seit Jahren Informatik als Wahlpflichtfach. Am Hamburger Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung läuft bereits ein umfassendes Qualifizierungs- und Weiterbildungsprogramm. Nach der Pilotphase werden alle Schulen Beispiele und Handreichungen zur Orientierung und Einführung bekommen. Trotzdem wird es bei der Umsetzung an der eigenen Schule noch viele Fragen und Fallstricke geben. Aber das muss man aushalten, so funktioniert Veränderung nun einmal. Ich bin überzeugt, dass die Schulen in Hamburg den Wandel gut bewältigen.

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